Pressemitteilung: Kunst- und Protestaktion für kostenlose, durchgängig zugängliche Toiletten in der Dortmunder Innenstadt vom 31.1. bis 2.2.

Die unzureichenden Hilfs- und Unterstützungsangebote für wohnungs- und obdachlose Menschen in Dortmund sind seit geraumer Zeit als Problem bekannt und werden öffentlich diskutiert. Leider leugnet die Stadtverwaltung weiterhin das Problem, indem sie behauptet, dass obdachlose Menschen sich diese Situation selbst aussuchen würden, was beispielsweise von bodo e.V. immer wieder scharf kritisiert wird. Chris Möbius, Pressesprecher*in der Initiative Schlafen statt Strafen, stimmt dieser Kritik zu: „Gerade wenn man sieht, dass in den vergangenen kalten Winternächten drei Menschen auf den Straßen Dortmunds gestorben sind – Jörg starb in der Nacht auf den 19.1., Yetkin nur drei Nächte später und am 27.1. wurde ein Mann am Hauptbahnhof tot aufgefunden – kann doch niemand ernsthaft sagen, dass es dieses Problem nicht gibt. Solche Behauptungen sind einfach nur peinlich, zynisch und menschenverachtend.“

Vor genau zwei Jahren hat Schlafen statt Strafen deshalb mit einem einwöchigen Protestcamp in der Innenstadt auf die Missstände aufmerksam gemacht und zumindest für eine Woche lang Menschen bei extrem kalten Temperaturen unbürokratisch und pragmatisch einen sicheren und halbwegs wettergeschützten Zufluchtsort geboten. Ziel des Protestcamps war neben der direkten Hilfe der Protest gegen die Vertreibung von wohnungslosen Menschen durch den Cityring Sicherheitsdienst und auf die mangelhafte Unterbringung aufmerksam zu machen. „Wir haben beim Protestcamp sehr gut gesehen, an welchen Stellen die Stadt Dortmund versagt.“, findet Möbius. „Wenn Menschen in großer Anzahl im tiefsten Winter bei Minusgraden zu uns ins Camp kommen, um in Zelten auf dem harten Straßenboden zu übernachten, dann stimmt doch was nicht. Dann kann die Stadt doch nicht behaupten, dass es genügend würdevolle und auch zugängliche Schlafstellen gibt!“. Während des Camps hatten jede Nacht bis zu 40 von Obdachlosigkeit betroffene Menschen in kleinen Zelten und den beiden großen Gemeinschaftszelten übernachtet. Durch die partizipative Organisation war es ihnen auch möglich, das Camp selbst nach ihren Bedürfnissen zu organisieren und ihre Bedürfnisse auch öffentlich zu thematisieren.

Die Hauptthemen des Protestcamps waren das Fehlen von ausreichend Notschlafstellen, die allen Menschen unbürokratisch offen stehen und Angeboten für ein menschenwürdiges langfristiges Wohnen (z.B. Housing First und selbstorganisiertes gemeinschaftliches Wohnen), die immer stärkere und brutalere Vertreibung obdachloser Menschen aus der Innenstadt durch Ordnungsamt und Polizei und generell unzureichende Partizipation von Betroffenen in der Organisation der Wohnungslosenhilfe. Und vor allem auch das komplette Fehlen von öffentlichen Toiletten in der Innenstadt, die für alle Menschen kostenlos und durchgängig geöffnet sind. Die beiden mobilen Toiletten, die während des Camps aufgestellt waren, wurden sehr gerne angenommen, da sie den Menschen ein Mindestmaß an Privatsphäre boten und sie nicht zur Ordnungswidrigkeit (Stichwort öffentliche Urinieren) zwangen.

Obwohl nach dem Protestcamp das Thema Obdachlosigkeit mehr in den öffentlichen Fokus in Dortmund gerückt ist und zumindest von manchen Akteur*innen offen und fakten und lösungsorientiert diskutiert wird, hat sich in den zwei Jahren seit dem Protestcamp an der Situation obdachloser Menschen faktisch nichts zum Besseren verändert. Zwar gibt es von der Stadtverwaltung inzwischen ein Konzeptpapier, das neben der Einrichtung eines Nachtcafés und anderer sinnvoller Maßnahmen auch kostenlose öffentliche Toiletten beinhaltet. Wann dies jedoch umgesetzt wird, ist noch nicht bekannt. Über einige der Maßnahmen soll der Stadtrat in ein paar Wochen abstimmen.

Allerdings, so findet Schlafen statt Strafen“, wird dieses Konzept zum einen durch die sehr polemisch geführte Diskussion über den Standort des Drogenkonsumraums überschattet, und zum anderen ist das Tempo, in dem über die einzelnen Maßnahmen diskutiert wird und an ihnen gearbeitet wird, aufgrund der großen Not der betroffenen Menschen absolut unzureichend. Chris Möbius: „Wir sind es langsam leid, dass die Ratsfraktionen und die Verwaltung nur um sich selbst kreisen und sich dabei von der verstörenden Rhetorik des Cityrings vor sich hertreiben lassen. Wir brauchen Lösungen, und zwar jetzt sofort und nicht erst in zehn Jahren.“ Was es laut Möbius jetzt braucht, sind pragmatische Lösungen: „Wenn es nicht genug Schlafplätze gibt, dann muss die Stadt eben leerstehende Gebäude in der Innenstadt dafür anmieten. Und das Problem mit den fehlenden Toiletten lässt sich durch mobile Toilettenwagen lösen, bis man irgendwann eine permanente Lösung mit festen Toiletten hat. Man müsste es nur wollen, dann geht das!“

Um aufzuzeigen, wie einfach diese Lösungen sein könnten, wird Schlafen statt Strafen am kommenden Wochenende von 31.1. ab ca. 16 Uhr bis am 2.2.2025 nachmittags zwei mobile Toiletten an der Ecke Kampstraße/Katharinenstraße aufstellen. Die Aktion, die als politische Dauerkundgebung angemeldet ist, wird durch einen Infostand begleitet, der über die gesamte Dauer besetzt sein wird und an dem es neben Infomaterialien auch kostenlose Heißgetränke und Hygieneartikel für von Obdachlosigkeit betroffene Menschen und andere Passant*innen geben wird. Außerdem werden vor Ort Sachspenden für wohnungslose Menschen gesammelt und direkt an betroffene Menschen weitergegeben, die ihnen akut helfen können, wie Schlafsäcke, Isomatten, Zelte, Decken, Campingstühle, warme Socken und Schuhe, dicke Jacken und Essen. Dazu wird es eine Schlafplatzbörse geben. „Wer bereit ist, in den nächsten Tagen oder Wochen eine wohnungslose Person in der Gartenlaube, Garage, Hausflur, Zweitwohnung, etc. unterzubringen, kann sich bei unserem Infotisch melden“.

„Wir wollen mit der Aktion auch darauf aufmerksam machen, dass fehlende Toiletten nicht nur für obdachlose Menschen ein großes Problem sind, sondern auch für Kinder, alte und körperlich beeinträchtigte Menschen. Das öffentliche Urinieren wird kriminalisiert, während vielen doch keine andere Wahl bleibt, weil sie in die Cafés nicht reingelassen werden, und nachts gibt es überhaupt keine kostenlosen Toiletten. Wäre es nicht einfach umsetzbar und gut für alle, ein paar mehr Toiletten zu installieren und instand zu halten, in welcher Form auch immer? Wenn wir das mit unseren begrenzten Möglichkeiten für ein Wochenende schaffen, dann kann die Stadt das auch langfristig machen. Es geht hier ja nicht um Luxus, sondern einfach um würdevolle Hygieneangebote! Es geht uns darum, dass es praktisch ist.“ erläutert Pressesprecher*in Chris Möbius.

Im Rahmen der Kunstaktion können Teilnehmenden und Passant*innen weitere Ideen einbringen. „Lasst uns umsetzen, was die Politiker*innen nicht tun!“ betont Chris Möbius. „Alle sind eingeladen, das Wochenende mit uns in der Kampstraße zu verbringen, die Aktion mitzugestalten, zu beleben und gemeinsam weitere Ideen zu schmieden.“