Pressemitteilung vom 16.1.2023

Protestcamp gegen Diskriminierung uns
Verdrängung von obdachlosen Menschen in Dortmund.

In der Zeit vom 28.01. – 05.02.2023 wird die Bürger*inneninitiative
„Schlafen statt Strafen“ in der Dortmunder Innenstadt ein Protestcamp
aufschlagen mit dem Ziel, das Thema „Obdachlosigkeit“ mehr in den Fokus
der Öffentlichkeit zu bringen.

„Die Situation ist für Obdachlose hier in Dortmund katastrophal.“, so
Anna Flaake, die Pressesprecherin der Initiative. „Es fehlen akzeptable
und kostenlose Notunterkünfte für die geschätzt 900 Menschen ohne festen
Wohnsitz in Dortmund. Die Männer- und die Frauennotschlafstelle sind
permanent überfüllt, Ausweichmöglichkeiten gibt es kaum. Zudem werden
die Unterkünfte zum Teil von European Homecare, einem profitorientierten
Unternehmen, geführt, was dazu führt, dass Ausstattung, hygienische
Verhältnisse und auch der Umgang mit den Menschen dort sehr zu wünschen
übrig lassen. Das wurde auch schon durch wissenschaftliche Studien der
FH Dortmund dokumentiert“
Weiterhin fehlen Möglichkeiten, die hygienischen Bedürfnisse der auf der
Straße lebenden Menschen zu befriedigen, bemängelt „Schlafen statt
Strafen“. Öffentliche, kostenfreie Toiletten findet man in der
Innenstadt nicht.

Gegründet hatte sich die Bürger*inneninitiative „Schlafen statt Strafen“
im Herbst 2022, nachdem öffentlich worden war, dass die
Händler*innenvereinigung Cityring einen privaten Sicherheitsdienst
engagiert hatte, um obdachlose, schlafende Menschen nachts aus Haus- und
Geschäftseingängen in der Innenstadt zu vertreiben. Dies geschah nach
Aussage von Tobias Heitmann, Vorsitzenden des Cityrings, um zu
verhindern, dass die Obdachlosen potentielle Kundschaft der
Einzelhändler in der City vertreiben und so der Umsatz geschmälert
werden könnte. Dieser Vorstoß des Cityrings reiht sich ein in eine lange
Liste von Maßnahmen des Dortmunder Ordnungsamtes, die das Ziel haben,
obdachlose Menschen zu kriminalisieren und zu verdrängen. „Aus den
Augen, aus dem Sinn löst jedoch das Problem nicht“, so Flaake.

Mit dem Protestcamp, welches in der Innenstadt aufgeschlagen werden
soll, wollen die Protestierenden ihren Forderungen Nachdruck verleihen.

Sie fordern:
– kostenfreie, akzeptable Unterbringung für alle obdachlosen Menschen,
die diese in Anspruch nehmen wollen
– Programme wie „housing first“ (Wohnungen für obdachlose Menschen
ohne daran geknüpfte Bedingungen wie Annahme von Unterstützung durch
Sozialarbeiter*innen, Suchtmittelentzug, etc.)
– Abschaffung von obdachlosenfeindlicher Architektur im öffentlichen
Raum
– Bereitstellung kostenloser öffentlicher Toiletten
– Stopp der Vertreibung obdachloser Menschen aus der Innenstadt

Das Camp wird neun Tage lang ein Ort des gemeinsamen Lebens sein. Rund
um die Uhr werden Menschen vor Ort sein, dort kochen, essen, schlafen,
diskutieren, leben. Es ist ein politisches Rahmenprogramm vorgesehen mit
Information, Musik und Diskussionsrunden. Nähere Informationen dazu
werden zeitnah folgen.
Besonderen Wert legen die Protestierenden darauf, mit interessierten
Passant*innen ins Gespräch zu kommen und so das Thema „Obdachlosigkeit“
stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
Durch die angebotene Möglichkeit, gemeinsam eine Zeit dort zu leben (in
einzelnen kleinen Zelten sowie in einem, von den „NaturFreunden NRW“ zur
Verfügung gestellten Großzelt), soll zumindest kurzzeitig ein Schutzraum
für teilnehmende obdachlose Menschen entstehen. Dies soll ihnen die
Möglichkeit bieten, im geschützten Raum zur Ruhe zu kommen und
gleichzeitig verhindern, dass ihr Besitz, wie beispielsweise letzte
Woche am Hauptbahnhof geschehen, vom Ordnungsamt der Stadt Dortmund als
„Müll“ entsorgt wird. Das Camp wird von verschiedenen lokalen und
überregionalen Initiativen und Gruppen, u.a. die Kana Suppenküche,
Face2Face oder der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen, unterstützt.
Die aktuelle Unterstützer*innenliste ist hier zu finden:

Aufruf zum Protestcamp in der Dortmunder Innenstadt vom 28.1.-5.2.23

Um das Camp zu finanzieren, wurde im Vorfeld eine Spendenkampagne
(https://www.betterplace.me/schlafen-statt-strafen-protestcamp)
gestartet sowie eine Solidaritätsveranstaltung im „Nordpol“ an der
Bornstraße durchgeführt. Auch Eigenmittel wurden von den
Mitglieder*innen von „Schlafen statt Strafen“ bereitgestellt. Weiterhin
läuft zur Zeit noch eine Petitionskampagne, bei der Unterschriften gegen
den unwürdigen Umgang mit obdachlosen Menschen und für Solidarität mit
ihnen gesammelt werden.
(https://weact.campact.de/petitions/schlafen-statt-strafen-stoppt-die-verdrangung-von-obdachlosen-in-dortmund)
Diese Kampagne richtet sich an den Oberbürgermeister Thomas Wesphal
sowie den Vorsitzenden des Cityrings Tobias Heitmann, welche zur
Übergabe der Unterschriften im Verlauf des Protestcamps eingeladen
worden sind.
„Wir laden alle Menschen herzlich ein, sich uns anzuschließen, uns bei
unserem Camp zu unterstützen, sich solidarisch zu zeigen und mit uns ins
Gespräch zu kommen.“, so die Pressesprecherin. „Spenden sind genauso
willkommen wie aktives Mitmachen. Wir laden auch die Presse ein, uns
während des Camps zu begleiten.“