Pressemitteilung vom 2.2.2023

Zur Mitte des 9-tägigen Protestcamps in der Dortmunder Innenstadt zieht die Bürger*inneninitiative „Schlafen statt Strafen“ eine positive Zwischenbilanz. Das Ziel, die Probleme rund um Wohnungslosigkeit und die Verdrängung von obdachlosen Menschen aus der Dortmunder Innenstadt noch mehr ins Bewusstsein der Stadtbevölkerung zu bringen, ist bislang sehr erfolgreich.

Eine zentrale Frage war für die Organisator*innen vor Beginn des Camps, ob es gelingen würde, das Protestcamp auch zu einem Ort des Austauschs mit von Obdachlosigkeit Betroffenen zu machen und ihnen einen Schutzraum zu bieten. Es zeigte sich dann schnell, dass das Camp von Betroffenen als niedrigschwelliger Ort zum Ausruhen, Essen, Austauschen und Vernetzen angenommen wird. Seit Beginn am vergangenen Samstag steigt die Zahl der hier lebenden Menschen stetig, inzwischen sind jede Nacht ungefähr 25-30 Betroffene vor Ort und gestalten das Camp selbst aktiv mit. Dabei entwickelt sich das Zusammenleben äußerst solidarisch und auf Augenhöhe.

„Zusammenhalt und Solidarität sorgen für mehr Sicherheit.“ sagt zum Beispiel Marek. „Es ist schön, dass das hier so zentral stattfindet, weil so Orte zum Schnorren und zum Schlafen nah beieinander sind.“ Motzie ergänzt: „Sowas hat bisher noch kein Mensch hier gemacht, außer Menschen, die selbst obdachlos sind.“

„Wir sind sehr glücklich, dass das Camp ein Raum für Partizipation und gegenseitiger Wertschätzung geworden ist“, so Anna Flaake, Pressesprecherin von „Schlafen statt Strafen“. „Wenn man die Menschen einbindet und auch an Entscheidungen beteiligt, anstatt über ihren Kopf hinweg zu entscheiden, dann profitieren am Ende alle“. Dieses Erleben von solidarischer Gemeinschaft kann hoffentlich zu weiterer, beständiger Organisierung Betroffener auch nach Ende des Camps beitragen. 

Auch von Passant*innen gibt es viel Interesse und positives Feedback in unterschiedlichster Form. Menschen spenden Sachgüter, aber auch Geld, um das Camp zu unterstützen. Die direkten Gespräche zwischen Passant*innen, den Aktivist*innen von „Schlafen statt Strafen“ und der „Selbstvertretung wohnungsloser Menschen“ und vor allem auch den obdachlosen Bewohner*innen des Camps helfen augenscheinlich dabei, Vorurteile abzubauen.

Die Stadtspitze hingegen ignoriert auch weiterhin die Angebote, mit der Initiative und mit Betroffenen direkt in Austausch zu treten. Eine Einladung zur Mitarbeit im „Netzwerk Wohnungslosenhilfe“ möchte die Initiative annehmen, allerdings gibt es Bedenken, ob das Netzwerk der Ort ist, an dem ein wirklicher, zu Veränderung führender Austausch stattfinden kann. „Für uns ist vor allem wichtig, dass nicht über Betroffene gesprochen wird in Netzwerken der Stadt, sondern vermehrt Betroffene gehört und in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden.“ bekräftigt Pressesprecherin Anna Flaake. 

Der Cityring-Vorsitzende Tobias Heitmann hat laut Ruhrnachrichten leider eine Einladung zu einem moderierten Gespräch, zu dem „Schlafen statt Strafen“ sehr gerne zugesagt hatte, ausgeschlagen. Die Aktivist*innen hoffen, dass ein solches Gespräch zwischen dem Cityring, Betroffenen und ihnen in der Zukunft noch irgendwann zustande kommen wird.

Für die zweite Hälfte des Camp ist ein dichtes politisch-kulturelles Programm geplant. Am Freitag, 3.2. wird eine Gruppe von Aktivist*innen aus Lützerath das Camp für einen gemeinsamen Workshop besuchen, bevor um 17 Uhr ein Konzert der Bands „Worst Band in Town“, „Münzmikrowelle“ und „Der Baum vom alten Apfel“ auf dem Platz vor dem Camp stattfinden und der Abend mit einer Jam-Session beendet wird. Der Samstag, 4.2. startet mit einer Kundgebung um 12:30, in deren Rahmen es auch ein offenens Mikrofon für Betroffene gibt, gefolgt von einem Workshop der Obdachlosigkeits-Aktivistin Janita-Marija Juvonen, einer weiteren historischen Stadtführung und einem Vortrag des Haldi47-Kollektivs, das in Bochum seit mehreren Monaten ein Haus besetzt und damit Wohnraum wieder nutzbar macht. Am Sonntag, 5.2. wird das Camp nach einer Abschlusskundgebung wieder abgebaut.

Die Initiative „Schlafen statt Strafen“ hofft, dass auch in der zweiten Hälfte des Camps das Interesse der Menschen weiterhin hoch ist und der Austausch zwischen Betroffenen und Nicht-Betroffenen noch vertieft werden kann, damit das Camp auch nachhaltige Veränderungen im Umgang der Stadtgesellschaft mit ihren Bürger*innen ohne festen Wohnsitz anstoßen kann.

Pressekontakt

Telefonnummer: 0160/91035857

Mail: schlafenstattstrafen@riseup.net