„Armut nicht bestrafen – Die Stadt gehört allen!“ Pressemitteilung vom 16.10.23 anlässlich einer Demonstration am 21.10.23 in Dortmund

Die Dortmunder Initiative „Schlafen statt Strafen“ ruft für Samstag, den 21.10.2023, unter dem Motto „Armut nicht bestrafen – Die Stadt gehört allen!“ zu einer Demonstration durch die Dortmunder Innenstadt auf. Die Startkundgebung beginnt um 15 Uhr am Stadtgarten, gefolgt von einem Demonstrationszug durch die Fußgänger*innenzone mit mehreren Zwischenkundgebungen und einer Abschlusskundgebung gegen 17 Uhr unterhalb der Katharinentreppen.
 
Mit der Demonstration möchte „Schlafen statt Strafen“ auf die nach wie vor prekäre Lage von armen und obdachlosen Menschen (nicht nur) in Dortmund aufmerksam machen. „In Dortmund leben schätzungsweise mehr als 2.000 wohnungslose Menschen, eine deutlich dreistellige Anzahl von ihnen lebt auf der Straße.“, so Anna Flaake, die Pressesprecherin von „Schlafen statt Strafen„. „Gleichzeitig sind über 20 % der Menschen in Deutschland von Armut bedroht. Wie kann es sein, dass eine so reiche Gesellschaft das einfach so hinnimmt?“ „Schlafen statt Strafen“ betont dabei, dass es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt, das leider weder in den Medien noch in der Politik den nötigen Stellenwert bekommt, so dass ein wirklicher gesellschaftlicher Diskurs nicht stattfindet.
Gleichzeitig kritisiert die Initiative die Stadt Dortmund scharf. Laut Behauptung der Stadtverwaltung müsse in Dortmund niemand auf der Straße leben. Dass das nicht der Realität entspricht und sehr wohl viele Menschen entweder generell oder praktisch vom Hilfesystem ausgeschlossen sind, ist weithin bekannt und wird seit Jahren von Akteur*innen der Wohnungslosenhilfe wie bodo e.V. berichtet und auch durch wissenschaftliche Studien der FH Dortmund belegt. Die Stadt Dortmund könnte und müsste hier handeln, um ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Menschen, die auf ihrem Stadtgebiet hilfsbedürftig sind, gerecht zu werden. „Schlafen statt Strafen“ weist hier auf Art. 1 GG hin. Anna Flaake: „Die Würde ALLER Menschen ist unantastbar, nicht nur der Menschen, die einen deutschen Pass und einen offiziellen Wohnsitz haben und die in der Lage sind, sich in der deutschen Behördenbürokratie zurechtzufinden. Wir fordern, dass die Stadt das endlich anerkennt und etwas tut, um die Lage zu verbessern.
 
Um die Not wohnungsloser und armer Menschen zu lindern, fordert „Schlafen statt Strafen“ Folgendes von der Stadt Dortmund:
    
1. Deutlicher Ausbau des kommunalen Wohnungsbaus mit Fokus auf bezahlbare Wohnungen
2. Unbürokratische Öffnung der Notschlafstellen für alle Menschen unabhängig von Pass, Wohnsitz und Sozialhilfeberechtigung
3. Wechsel des Trägers der Männerübernachtungsstelle Notunterkünfte dürfen nicht von gewinnorientierten Konzernen geführt werden!
4. Umsetzung des Ratsbeschlusses von 2021 zur Einführung von „Housing First“ und Erweiterung des Portfolios durch selbstorganisierte, betreute Hausprojekte für wohnungslose Menschen
5. Keine Kriminalisierung von Obdachlosigkeit mehr, Abschaffung des Campierverbots und des „Weckdienstes“, kein Vorgehen gegen obdachlose Menschen unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität
6. Ausbau der Suchthilfe, Standortgarantie für den Drogenkonsumraum „Café Kick“ und Einrichtung eines zweiten Drogenkonsumraums in der Nordstadt
7. Einrichtung kostenloser, rund um die Uhr geöffneter öffentlicher WCs im kompletten Stadtbereich
 
Diese Forderungen möchte „Schlafen statt Strafen“ am 21.10. auf die Straße tragen. Durch den nahenden Winter ist hier Eile geboten, um zu verhindern, dass weiterhin Menschen auf Dortmunds Straßen sterben müssen, nur weil sie keinen Zugang zu adäquaten Hilfsangeboten haben.
 
Ein weiteres Thema wird das Gedenken an den obdachlosen Menschen sein, der am 19.10.2022 durch Einwirkung eines Tasers der Polizei Dortmund gestorben ist. Die Initiative möchte hier ein Zeichen gegen das Vergessen setzen und einer Normalisierung von tödlichen Polizeieinsätzen entgegenwirken. „Wir wissen leider immer noch nicht, was genau vor einem Jahr in Dorstfeld passiert ist, nicht einmal den Namen des Menschen.„, sagt Anna Flaake. „Leider war das öffentliche Interesse sofort weg, als in der Pressemitteilung der Polizei die Worte Randalierer und obdachlos fielen. Wir würden uns wünschen, dass die Presse und die Öffentlichkeit genauso Interesse zeigen würde wie im Fall von Mouhamed Lamine Dramé, wo die Polizei auch erst ein Notwehr-Narrativ verbreitete und dieses dann durch gründliche Recherche schnell widerlegt werden konnte.
Die Bürger*innen-Initiative „Schlafen statt Strafen“ hatte sich vor einem Jahr, am 12.10.2022, gegründet als Protest gegen die Versuche von Cityring und Stadt, wohnungslose, obdachlose und suchtkranke Menschen aus der Innenstadt zu verdrängen. Während der Abschlusskundgebung wird es daher – auch als eine Art nachgeholte Geburtstagsfeier – Kaffee und Kuchen geben. Anna Flaake: „Wir wollten keine große Geburtstagsfeier veranstalten, da es uns lieber gewesen wäre, wenn die Stadt Dortmund früher auf unsere Forderungen eingegangen wäre und es uns gar nicht mehr brauchen würde. Aber so wollen wir zumindest ein bisschen feiern, dass wir trotz der kompletten Verweigerungshaltung der Stadtverwaltung nach einem Jahr immer noch voller Energie dabei sind und weitermachen, solange es nötig ist“.

Pressekontakt

Telefonnummer: 0160/91035857
Mail: schlafenstattstrafen@riseup.net
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