Offener Brief an die demokratischen Fraktionen in Dortmund

Sehr geehrte Mitglieder des Dortmunder Stadtrats,

wir als Initiative „Schlafen statt Strafen“ wenden uns an Sie mit der dringenden Bitte, die Unterstützung obdach- und wohnungsloser Menschen sowie der Menschen, die von Obdach- und Wohnungslosigkeit bedroht sind, in den kommenden Haushaltsverhandlungen zu bedenken.

Es gibt aktuell schätzungsweise 2000 Menschen 1 in Dortmund, die obdach- oder wohnungslos sind, die Dunkelziffer dürfte bedeutend viel höher sein. Zusätzlich sind 22,4% der Dortmunder*innen² unter der Armutsgrenze, viele weitere sind von Armut bedroht. Mit zunehmender Armut steigt auch die Gefahr, obdach- oder wohnungslos zu werden. Für alle diese Menschen bitten wir Sie, im kommenden Jahr ausreichend Gelder für die Entwicklung eines ganzheitlichen Plans zur Prävention und Hilfe bereitzustellen und darum, die identifizierten Maßnahmen zeitnah umzusetzen.

Ein solcher strategischer Plan ist notwendig, da Obdach- und Wohnungslosigkeit sich aus einer Vielzahl von Gründen entwickeln kann (wie zum Beispiel Armut, Verlust der Arbeit, fehlender Sozialwohnraum, gesundheitliche Probleme etc.) und eine Vielzahl von Problemen erzeugt (psychische und physische Gesundheitsprobleme, Suchtproblematiken, fehlender Zugang zu Essen, Hygieneeinrichtungen, sicheren Schlafstellen etc.). Durch all diese komplexen Themenfelder gibt es keine einfache Antwort zur Überwindung der Obdach- und Wohnungslosigkeit. Es wird nötig sein, zahlreiche Themen zu bearbeiten und zu planen. Ein paar davon haben wir beispielhaft aufgeführt.

Allgemein:

  • Ganzheitliches Konzept zu Überwindung von Obdachlosigkeit und Prävention von Armut
  • Hitzeschutzkonzept plus Infrastruktur, wie z.B. TrinkbrunnenKälteschutzkonzept, z.B. weitere Unterbringungsmöglichkeiten im Winter Tagesaufenthalt
  • Ganzheitliches Konzept zur Hilfe von Konsumierenden und Suchtprävention

Wohnen:

  • Sozialer Wohnungsbau, sowie generell gesteigerter Wohnungsbau
  • Nutzbarmachung von Leerstand für Wohnungen
  • Umsetzung des Housing First Konzeptes
  • Prävention von Wohnungsverlust, u.a. durch die Prävention von Zwangsräumgen

Stadtplanung:

  • Stadtplanung auch für Menschen, die kein Geld ausgeben können.
  • Die Innenstadt als Raum für alle Menschen zu denken
  • Einrichtung kostenloser öffentlicher Toiletten
  • Planung von Infrastruktur, die vor Extremwettern schützen

Direkte Hilfe:

  • Öffnung aller Hilfsangebote inklusive Notübernachtungsstellen kostenfrei für alle Menschen, egal wo sie herkommen oder wo sie gemeldet sind
  • Ausbau der aufsuchenden Sozialarbeit
  • Verbesserung der Notunterkünfte (s. u.a. die Eingabe im ABöab zur Männerübernachtungsstelle)
  • TagesaufenthaltsmöglichkeitenVereinfachte behördliche Abläufe für Beantragung von Dokumenten und Hilfen
  • Schneller Übergang von Notunterbringung zu permanenter Wohnung

Drogenprävention und -hilfe:

  • Ausbau der bestehenden Drogenhilfe- und Präventionseinrichtungen
  • Exploration neuer Konzepte zum Umgang mit Crack Konsum, zB. Duldungszonen, mobile Konsummöglichkeiten
  • Erweiterung des Street Work Angebots

Dies ist nur eine kleine Auswahl an Themen, die kurz- und langfristig, aber auf jeden Fall strategisch, angegangen werden müssen. Kurzfristige reaktive Maßnahmen reichen nicht mehr aus. Es bedarf eines von Expert*innen entwickelten Planes, damit die Lage obdach- und wohnungsloser Menschen verbessert wird und um Obdachlosigkeit zu überwinden, wie es bis 2030 das eigentliche Ziel des Bundes und der Länder ist. Dazu bedarf es Mittel, um einerseits diesen Plan mit der entsprechenden Expertise zu entwickeln und andererseits die Maßnahmen umzusetzen.

Angesichts der prekären Lage für arme, wohnungs- und obdachlose Menschen in Dortmund bitten wir Sie dringend, diese nötigen Mittel in Ihren Haushaltsplanungen mitzudenken und sicher zu gehen, dass 2024 und in allen darauf folgenden Jahren alle Menschen in Dortmund die Chance auf ein sicheres, menschenwürdiges Leben haben.

Dafür danken wir Ihnen

Schlafen statt Strafen

1

https://www.statistik.lwl.org/de/zahlen/wohnungslosigkeit/#:~:text=Neben%20Bielefeld%20ist%20die%20h%C3%B6chste,Dortmund%20(1.975)%20zu%20finden

2

https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/neuer-armutsbericht-nrw-100.html