Pressemitteilung zur Ankuendigung der Verlegung des Drogenkonsumraumes vom 30.1.24

Am 30.1.2024 verkündete OB Thomas Westphal vor Pressevertreter*innen, dass die Stadt Dortmund beabsichtige, den bisherigen Standort des Drogenkonsumraums „Café Kick“ in der Dortmunder Innenstadt aufzugeben.
 
Die Intitative „Schlafen statt Strafen“ zeigt sich schockiert von der Entscheidung der Stadtverwaltung, das in diesem Bereich sehr gut funktionierende Suchthilfekonzept durch vorschnellen Aktionismus und auf Druck von Lobbyverbänden zu demontieren. Sprecherin Anna Flaake: „Uns ist es völlig unverständlich, wie Herr Westphal in einem Atemzug den großen Erfolg des Konsumraums nennen kann und im nächsten Moment dessen Ende in der City verkündet. Dass er die Motivation dahinter, nämlich die suchtkranken Menschen aus der Fußgänger*innenzone und in die umliegenden Wohnbezirke in neu einzurichtende Konsumräume in Innenstadt-Nord, -West und -Ost zu verdrängen, ganz offen ausspricht, zeigt, wie groß der Einfluss der Innenstadthändler*innen auf ihn offensichtlich ist. Die Interessen aller anderen Beteiligten, der Suchtkranken, der Anwohner*innen in den umliegenden Vierteln und der Mitarbeiter*innen der Suchthilfe, zählen für ihn offensichtlich überhaupt nichts.“
 
Dabei begrüßt „Schlafen statt Strafen“ ausdrücklich die Ankündigung, zwei zusätzliche Konsumräume und eine neue, niedrigschwellige Übernachtungsmöglichkeit zu schaffen. „Das ist ja genau das, was wir schon seit langem fordern. Schön, dass die Verwaltung das endlich aufgreift, aber doch bitte nicht zu Lasten des Kicks!“, so Anna Flaake. Und weiter: „Wir werden das natürlich ganz genau verfolgen, wo diese neuen Standorte sein werden und wie die Konzepte der Einrichtungen aussehen werden. Allerdings kann es nicht sein, dass dafür der bestehende Konsumraum geschlossen wird. Der funktioniert eben nicht trotz des Ortes mitten in der Innenstadt, sondern nur deshalb, weil er eben genau an diesem Ort ist.“ Die Entscheidung, den Standort des Kickjetzt aufzugeben, hat für „Schlafen statt Strafen“ nichts mit einer vorausschauenden Drogenpolitik zu tun, sondern steht im krassen Widerspruch dazu. 
 
Das Beisein von Polizeipräsident Lange bei der Pressekonferenz, während kein*e Vertreter*in des Sozialdezernates zu Wort kam, und sein sehr großer Redeanteil sind für „Schlafen statt Strafen“ weitere Bestätigungen dafür, dass es der Stadt Dortmund nach der Einrichtung des „Sonderstabs“ vor rund einem halben Jahr nicht darum geht, die Situation von suchtkranken Menschen zu verbessern, sondern dass das ausschließliche Ziel ist, die Innenstadt von aller sichtbarer Verelendung und Armut zu „säubern“, indem unliebsame Menschen, die nicht zum Selbstbild als monothematische Einkaufsstadt passen, einfach verdrängt werden.
 
Dazu passt auch die Begründung der Stadt, warum die neue niedrigschwellige Übernachtungsstelle eingerichtet werden solle. Die Ankündigung, dass das Angebot „weniger häufig zu nutzen“ sei als die bestehenden Übernachtungsstellen, impliziert, dass es nicht das Ziel ist, das Elend der auf der Straße lebenden Menschen zu lindern, sondern die rund um den Bahnhof sehr sichtbare Armut aus dem Blickfeld der wohnenden Menschen zu verbannen. Wir hoffen inständig, dass ein Konzept für diese Übernachtungsstellen entwickelt wird, dass die Menschenwürde und das Bedürfnis der Menschen nach einer langfristigen Perspektive oder zumindest danach, für einige Tage oder Wochen zur Ruhe zu kommen, berücksichtigt und nicht ein reines Verdrängungsinstrument wird.  
 
Für „Schlafen statt Strafen“ fügen sich die expliziten und impliziten Ankündigungen der Herren Westphal und Lange zu einem insgesamt sehr beunruhigenden Bild zusammen. Die Verdrängungspolitik zum einen, aber zum anderen auch der Fokus der Polizei auf die Nordstadt ist bedenklich. Die Verlagerung der Suchthilfe in den Norden und die Verdrängung suchtkranker und armer Menschen durch Repression aus der Innenstadt in diese Richtung, wäre nicht zielführend. Das würde dem schon seit vielen Jahren gerade von der Polizei Dortmund verfolgten Framing der Nordstadt als Kriminalitäts-Hotspot entgegenkommen, dem man durch massives, teils paramilitärisches Auftreten, flächendeckende Videoüberwachung und Racial Profiling begegnen müsse.
 
„Wir hoffen sehr, dass der Rat diesem undurchdachten Plan Einhalt gebietet“ sagt Anna Flaake. „Wir zählen auf die Ratsfraktionen, dass sie nicht auf diesen billigen Populismus hereinfallen und die vorgeschlagenen Maßnahmen kritisch hinterfragen. Wenn der Konsumraum in der Innenstadt tatsächlich dicht gemacht würde und wir danach dann merken, dass das doch keine gute Idee war, dann ist es zu spät und wir haben das über viele Jahre aufgebaute Vertrauen einfach so verspielt.“